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Pauls Pilotentipp #6: Aktives Fliegen mal anders: Pauls Marionettentheater…

In der A-Lizenz-Ausbildung hören wir als angehende Piloten immer wieder diese Zauberformel: „Zum Fliegen in unruhiger oder gar turbulenter Luft musst du aktiv fliegen können!“

Ach ja? Was tue ich denn da die ganze Zeit – ich stehe morgens in aller Frühe aktiv auf, laufe mit meiner Ausrüstung aktiv und brav hinter dem Fluglehrer her, beteilige mich aktiv an jeglicher Möglichkeit alles über das Fliegen zu erfahren, begebe mich aktiv in die Luft und verharre nicht gerade passiv im Gurtzeug, bis mich der Landeplatz-Fluglehrer sicher auf den Boden zurückbringt. Also, was fehlt? Und wie kann ich mir das vorstellen?

Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, was in unruhiger Luft mit unserem Gesamtsystem „Gleitschirm mit Pilot unten drunter“ passiert:

Vorübung zum Aktiven Fliegen

Eine Übung, die sogar Spaß verursachen kann – einekleine Filmsequenz aus dem Kurs DT 15-15 mit Ann-Kathrin und Babette: Vielen Dank euch Beiden für die Bereitschaft, das Marionetten-Theater mitzumachen.

Fall 1: 

Fliegen wir in aufsteigende Luftmassen hinein (z. B. in eine Thermik) wird der Anstellwinkel (siehe Pauls Pilotentipps zum Anstellwinkel) erhöht. Dies geschieht hauptsächlich durch den von „unten“ aufsteigenden Aufwind.

Dadurch wird unser leichter Gleitschirm über uns abgebremst – und wir als Piloten mit deutlich mehr Masse als das Stück Stoff pendeln nach vorne – mit dem Effekt, dass der Anstellwinkel weiter erhöht wird.

Die grundsätzlich richtige Reaktion: Hochführen/Freigeben der Steuerleinen – eventuell sogar bis zur Stellung des bestens Gleitens/der Trimmgeschwindigkeit.

Fall 2: 

Fliegen wir in eine Luftmasse ein, welche auf dem Weg nach unten ist – konkret wir fallen aus der Thermik raus – dann passiert genau das Gegenteil: Der Anstellwinkel wird stark reduziert, der Schirm wird schneller und nickt vor. 
Noch Schlimmer: Unser Flügel kann deutlich von oben angeströmt werden. Das mag er nun leider überhaupt nicht, der Innendruck reicht nicht, den anströmenden Luftmassen wirksam unseren aufgeblasen Flügel entgegen zu halten, er klappt einfach bauartbedingt und beleidigt ein.

Die grundsätzlich richtige Reaktion: Anbremsen des Schirms wenn er „vor nickt“, so wie wir es bei der Ausleitung der Nickübung gelernt haben: Dieses „Anbremsen“ kann richtig deutlich und hart notwendig werden.

Soweit so klar?

Wieviel und wie intensiv reagiert werden muss ist nun die hohe Kunst des „aktiven Fliegens.“ Ja prima – und wie kann ich die erlernen?

Vorab: Keiner der beiden genannten Fälle kommt wirklich urplötzlich! Man kann dies direkt erspüren – und das mit den beiden Händen an den richtig umfassten Steuerleinen (siehe Pauls Pilotentipps zum Steuergriff)!

  • Im Fall 1 wird der Steuerdruck deutlich hart 
  • Im Fall 2 wird der Steuerdruck deutlich weich

Wenn wir im Hinterkopf noch die Grundweisheit behalten, dass der Schirm meistens „recht“ hat können wir Folgendes probieren:

Wir fühlen und merken uns den Steuerdruck, welchen wir bei schulterhoch angebremsten Fliegen bei ruhigen Flugbedingungen haben. 
Und genau diesen Steuerdruck versuchen wir aufrechtzuerhalten – eben dann, wenn der Schirm den Steuerdruck erhöhen möchte und wir einfach nachgeben. Oder wenn der Steuerdruck nachlässt und wir diesen einfach durch deutliches Anbremsen auf dem bisherigen Zug belassen – und wenn nötig so schnell und hart wie möglich.

Hier kommen wir nun zu „Pauls Marionettentheater“ – Eine Partner-Übung mit folgender Aufstellung: Einer setzt sich ganz normal in sein Gurtzeug (z.B. in einem Gleitschirm-Simulator) oder falls nicht vorhanden auf einen Stuhl. Der Partner stellt sich hinter ihn und hält die Steuerleinen oberhalb der Durchführungsrolle in der Hand.

Nun nimmt der sitzende Pilot die Steuerleinen soweit auf Zug, dass er den gewohnten Krafteinsatz im schulterhohen Fliegen erreicht. Der Partner fängt nun an und bewegt vorerst ganz sanft die Steuerleinen – und achtet mit drauf, dass der Steuerdruck konstant bleibt. Nach ein paar Auf und Abs wird es in der Regel gleichmäßig.

Nun kann die Übung gesteigert werden – der Partner simuliert eine Klapperankündigung durch eine deutliche Bewegung der Steuerleine nach unten – der „Pilot-Partner“ muss ebenso deutlich und schnell reagieren. Umgekehrt genauso, Leinen nach oben und diese müssen unter Beachtung des gleichmäßigen Drucks freigegeben werden.

Paul Seren

Paul Seren
ist Papillon-Fluglehrer, Dipl.Ing. der Luft- und Raumfahrttechnik, Mitglied im DHV-Lehrteam, begeisterter Flugsportler der ersten Stunde und Tandempilot.

In seinem Blog „Pauls Pilotentipps“ informiert er in loser Folge über Wissenswertes und Aktuelles rund ums Gleitschirmfliegen.

paul@papillon.de

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