Gerade nach den ersten unter Anleitung erflogenen Thermikkreisen zum Beispiel in Lüsen kommen Teilnehmer schnell mit einer Frage auf mich zu:
Wie kann ich die Thermik selber erkennen und könnte ein so genanntes Vario (kurz für „Variometer“) ein sinnvolles Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk vom Partner sein?
Nun ja, die Thermik funktioniert auch ganz ohne Variometer, sie entsteht mit Sonnenkraft, unterschiedlichen Geländestrukturen –und bedeckungen und ist natürlich vom jeweiligen Wetter abhängig. Mit einem Variometer wird sich das nicht ändern.
Aber: wir können mit einem Variometer einen nützlichen Sensor „einschalten“, welcher unseren Entscheidungen irgendwo einzukreisen und Aufwindgebiete zu finden eine deutliche Unterstützung geben kann.
Wie funktioniert so ein Vario überhaupt – und wieviel Vario braucht der Mensch?
Die Grundlage für ein Vario ist die uns bekannte Änderung des Luftdruckes mit zunehmender Höhe: Je höher, desto weniger Druck von den darüberliegenden Luftschichten. Diese Luftdruckabnahme ist nicht kontinuierlich, sondern verläuft angenähert relativ „krumm“.
Die „barometrische Höhenformel“ ist eine Annäherung für diese Druckabnahme mit der Höhe (Bild 1) und eine gerne eingesetzte Umrechnungsformel für die Höhe in Metern (oder Fuß) aus dem gemessenen Luftdruck.
Der vorherrschende Druck wird mit einer Drucksonde gemessen: Jedes Gleitschirm-Vario hat solch eine Sonde als Grundbestandteil seiner eingebauten Elektronik.
Der restliche Teil der Elektronik ist nun ein kleiner Rechner, welche die Druckveränderung pro Zeiteinheit ermittelt: Je nach „Taktung“ wird in kurzen Zeiteinheiten (einige Millisekunden) der Luftdruck gemessen und mit dem davor gemessenen Luftdruck verglichen:
Wird der Luftdruck…
- …geringer seit der letzten Messung: steigen wir
- …höher seit der letzten Messung: sinken wir
- …deutlich geringer seit der letzten Messung: steigen wir schnell
- …deutlich höher seit der letzten Messung: sinken wir schnell
Diese aus der Messung in der Elektronik errechnete Veränderung wird über Signale deutlich gemacht: Es „piept“ – mal ab und zu (schwaches Steigen) oder in immer kürzer werdenden Intervallen (bei schneller werdendem Steigen).
Natürlich kann man noch viel mehr aus der Messung herauslesen, wie zum Beispiel die aktuelle (berechnete) Höhe, oder man kann den gesamten Sink- und Steigflugaktivitäten eines Fluges aufzeichnen und sich an diesen am Abend zusammen mit anderen Gleitschirmfreunden erfreuen.
Wenn dann noch ein GPS-Empfänger eingebaut ist und die Geo-Daten mit aufgezeichnet werden, kann man sogar den ganzen Flug nachbetrachten und sich mit andern (zum Beispiel im DHV – XC Contest) messen oder die Flüge dort als eigenes Flugbuch ablegen. Nicht nur Streckenpiloten nutzen ihre aufzeichneten Tracks, um durch die Analyse für ihre nächsten Flüge zu profitieren: Wo gings hoch, wieviel Höhenverlust hatte ich bei der Talquerung, wo verlief die Ideallinie am Soaringhang…
Ein GPS ist außerdem auch eine wichtige Komponente im Sicherheitsmanagement – es kann von entscheidendem Vorteil sein, etwa bei einer Außenlandung seine genaue Position durchgeben zu können.
Aber wieviel Vario braucht es nun wirklich?
- a) Den meisten Piloten empfehle ich ein Vario, welche schon einige Flüge festhalten kann, das die aktuellen Steig-/Sinkwerte auf einer Anzeige darstellt, sowie maximale Steig-/Sinkwerte und Höhen abspeichert und zur Auswertung bereitstellt. Beispiel: Flymaster Vario SD
- b) Ambitionierten Piloten empfehle ich ein Vario, welches die GPS-Daten als „Track“ für den Flug aufzeichnet und dabei weitere Berechnungen und Auswertungen bereitstellen kann (z.B. Windrichtung, grafische Darstellung des besten Steigens in den letzten Minuten, Lufträume und Berechnungen des aktuellen Gleitverhältnissen über Grund. Beispiel: Flytec Element
- c) Als Backup habe ich persönlich immer noch ein „Einfach-Vario“ dabei: Klein, leicht, günstig, mit Solarzelle oder langlebiger Batterie – und nur mit Piepston ausgestattet. Beispiel: Bräuniger Bräuniger Solario
Für den engagierten Gleitschirmflieger ist meine ganz persönliche Empfehlung aktuell das Skytraxx II Plus: viele sinnvolle Anzeigen, einfache Menü-Führung, toller Service beim Hersteller, gutes Preis-Leistungsverhältnis.
Mein „großes“ Vario verwende ich dann gerne in Kombination mit meinem „Helmpiepser.“ Oft nutze ich sogar die als Soundtest vorgesehene Funktion meines Skytraxx-Varios zum Abspielen von Liedern. Toller Effekt – gerade bei einem Tandemflug, wenn auf einmal der schöne Flug über der Lüsener Alm mit Flug-Musik untermalt wird 🙂
Paul Seren
ist Papillon-Fluglehrer, Dipl.Ing. der Luft- und Raumfahrttechnik, Mitglied im DHV-Lehrteam, begeisterter Flugsportler der ersten Stunde und Tandempilot.
In seinem Blog „Pauls Pilotentipps“ informiert er in loser Folge über Wissenswertes und Aktuelles rund ums Gleitschirmfliegen.